Orientierungshilfe Zeitgeist
Mehr verstehen, statt verurteilen
In einer Zeit, in der täglich neue Krisen, Trends und Transformationen auf uns einprasseln, ist der Wunsch nach Orientierung größer denn je. Doch Orientierung ist keine einfache Route auf der Landkarte – sie ist ein kulturelles Narrativ, das sich ständig neu schreiben muss.
In dieser Episode des Travelholics Podcasts, produziert als Warm-up zur Keynote auf den VIR Innovationstagen 2025, spreche ich mit der renommierten
Zeitgeistforscherin Kirstine Fratz
über genau diesen Prozess: Wie Kultur sich verändert, wo Gesellschaft an ihre Sollbruchstellen gerät – und wie sich all das im Reisen, im Urlaub, im touristischen Verhalten widerspiegelt.
Kirstine, die sich selbst als Kulturwissenschaftlerin mit empirischem Blick versteht, plädiert für ein tieferes Verständnis kultureller Dynamiken. Zeitgeist, so sagt sie, sei keine flüchtige Mode, sondern die „Erlaubnis, sich von den herrschenden Bedingungen zu erholen“.
Ein Satz, der vieles erklärt: Warum Reisende heute mehr Erlebnis als Entdeckung suchen, warum nachhaltige Utopien plötzlich in Hotelkonzepte gegossen werden – und warum das Reisen selbst zur Bühne für gesellschaftliche Sehnsüchte geworden ist.
Im Gespräch wird deutlich: Die touristische Nachfrage ist nicht von äußeren Krisen getrieben, sondern von inneren Spannungen. Menschen reisen, um etwas zu kompensieren, das im Alltag fehlt – Ruhe, Sinn, Zugehörigkeit oder Entlastung. Reiseziele werden dabei zu kulturellen Versuchsanordnungen, zu Orten der Erprobung von Alternativen. Fratz spricht von „Schneekugeln der Utopie“, in denen sich nachhaltige Lebensmodelle wenigstens temporär verwirklichen lassen.
Und während künstliche Intelligenzen die Daten unserer Buchungsentscheidungen auswerten, betont Fratz einen Punkt, der nicht delegierbar ist: kulturelle Kontextualisierung. Zu verstehen, warum Menschen reisen, was sie suchen – und wovon sie sich erholen wollen – sei eine Aufgabe, die nicht von Algorithmen übernommen werden kann. Noch nicht.
Diese Episode ist keine Analyse im klassischen Sinne, sondern ein Plädoyer für ein neues Bewusstsein im Tourismus – jenseits von Produktlogik und Marketingkampagnen. Sie fordert nicht weniger als eine Rückbesinnung auf die kulturelle Funktion des Reisens. Und liefert, ganz nebenbei, das intellektuelle Fundament für Kirstine Fratz’ Keynote am 24. Juni in Berlin.
Wer verstehen will, wohin sich die Touristik bewegt, muss zuerst begreifen, was die Gesellschaft umtreibt. Diese Episode hilft dabei. Mit Klarheit. Und mit Sinn.
Viel Freude beim #schlauhören!
Roman Borch Podcaster & Producer travelholics.media
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